Grandios wurde das neue Nagahara Mini als Durchbruch des Piccolo Baus angepriesen. Die Meinungen über dieses Instrument gehen jedoch ungewöhnlich weit auseinander. Die einen sehen es als die grösste Entwicklung seit dem Boehm-System, die anderen verabscheuen es fast schon.
Um dies zu verstehen, muss man die neue Bauweise kennen. Normalerweise werden Piccoli konisch gebaut, wie die Traversflöten und Querflöten bis ca. 1850. Nagahara wollte ein zylindrisches Piccolo auf den Markt bringen, also die gleiche Bauweise wie bei den Querflöten heutzutage. Die Vorteile: das tiefe Register wird gestärkt und die Intonation soll erheblich verbessert sein. Durch den konischen Bau werden die tiefen Register relativ leise, dafür sind die hohen Register einfacher zu spielen. Da Nagahara eine neue Mechanik entwickelt hat, die sogar bis ins h1 geht, ist auch die hohe Lage relativ einfach zu spielen und das tiefe Register ist hörbar lauter. Doch um welchen Preis?
Ich durfte dieses Instrument ausprobieren und war etwas enttäuscht darüber. Klar, die tiefe Lage kann man nun mühelos laut und kernig spielen. Bei der mittleren Lage kamen mir jedoch die Zweifel. Ein Piano ist fast unmöglich, wenn man kein Versagen des Tones riskieren möchte. Zudem finde ich, dass dieses Instrument ungewöhnlich langweilig klingt. Durch die konische Bauweise bekommt das Piccolo eine deutlich andere Klangfarbe, als die Querflöte – nicht einfach nur eine Oktave höher. Beim Nagahara Mini habe ich das Gefühl, ich spiele eine Holzquerflöte, die eine Oktave höher klingt. Zudem überzeugt mich die Intonation noch nicht zu hundert Prozent. Da ist immer noch Verbesserungspotenzial vorhanden. All die Flötistinnen und Flötisten, die das Piccolo sehr selten zur Hand nehmen, werden sich über das Nagahara Mini freuen. Es klingt nicht nur wie eine kleine Querflöte, sondern ist auch so zu spielen. Der Umstieg auf das Piccolo soll also einfacher werden!