Tuba, Saxhorn und Ophikleide

Tiefe Blechblasinstrumente

... vom Serpent um 1600 bis zur heutigen Tuba besitzen eine reiche Geschichte, die noch wenig erforscht ist (und die viel mit Lautstärke zu tun hat). Oft ist bei Kompositionen nicht einmal klar, welches Instrument genau intendiert war. So wird in Tubastimmen kaum je angegeben, ob eine Basstuba, eine Kontrabasstuba oder die kleine «Tuba français» zu wählen ist.

Erforscht wurde in einem Projekt der HKB das Saxhorn, das keineswegs nur ein tiefes Blasinstrument ist. Und was haben Ophikleide und Saxophon miteinander zu tun?

Ophikleide

Die Ophikleide (aus griechisch «ophis» = Schlange und «kleis» = Schlüssel, Klappe) entspringt der Suche nach einem starken Bassinstrument, besonders für die Freiluftmusik. Anders als der Serpent, auf den sich ihr Name bezieht, ist die Ophikleide aus Metall und hat sehr grosse Tonlöcher, die beim Spielen nicht mehr mit den Fingern, sondern mittels Klappen gedeckt werden.

Ein Forschungsprojekt der HKB hat ihre Geschichte und Repertoire erforscht und Instrumente für den heutigen Gebrauch nachgebaut. Die Ophikleide erweist sich als virtuoses Instrument mit vielfältiger Ausdruckspalette (siehe folgendes Video).
(zum Forschungsprojekt ...)

Video: Roland Fröscher spielt Variationen für Ophikleide

Saxhorn

Adolphe Sax (1814–1894) war ein Daniel Düsentrieb der Blasinstrumente. Er erfand nicht nur das Saxophon, sondern eine ganze Reihe von technischen Innovationen (u.a. auch für medizinische Geräte). Kommerziell am erfolgreichsten war seine Blechblasinstrumenten-Familie, welche nach ihm «Saxhorn» genannt wurde (auf Englisch und in der Folge auch auf Französisch und Deutsch). Das Saxhorn ist eine vollständige Familie vom kleinsten Sopranino in hoch B bis zum grossen Kontrabass in tief B, alle ausgerüstet mit den damals neuen Ventilen (siehe folgendes Video).

Saxhörner sind die Vorläufer unserer heutigen Althörner, Tenorhörner, Baritons, Euphonien und Bässe, wie sie in Blasmusikbesetzungen etabliert sind. Auch hierin hat Sax als Innovator seine Spuren hinterlassen: Er entwickelte für die französische Infanterie eine Harmoniebesetzung aus Holz- und Blechblasinstrumenten und für die Kavallerie eine reine Blechbesetzung. Die heutigen Blasmusikbesetzungen Harmonie und Brass-Band gehen darauf zurück.

Ein Forschungsprojekt der HKB und des Schweizer Armeespiels haben diese ursprüngliche französische Brass-Band-Besetzung mit Originalinstrumenten rekonstruiert. Eindrücklich hörbar wurde dabei auch die Homogenität des Zusammenklangs der Saxhorn-Besetzung, wie dies von Sax und Berlioz auch damals gerühmt worden war.
(zum Forschungsprojekt ...)

Saxhörner (inkl. historische Mundstücke) und Originalnoten des Projekts können für Opernaufführungen oder Ensembles gemietet werden.

Video: Die Brass Band und das Saxhorn

Video: Brass-Band mit Originalinstrumenten, ein Projekt der HKB und des Schweizer Armeespiels

Tuba français

In den französischen Orchestern wurde bis um 1960 eine kleine Tuba gespielt – vergleichbar mit einem weiten Euphonium mit einem zusätzlichen Quintventil. Wenn Quart- und Quintventil gedrückt sind hat das Instrument die Länge einer C-Tuba. Als zusätzliches sechstes Ventil war ein weiteres Halbtonventil üblich, dank dem man entfernte Tonarten besser spielen konnte.

Dies ist das eigentliche Instrument für französische Orchesterpartien wie «Bydlo» in Ravels Instrumentierung von Mussorgskys «Bilder einer Ausstellung» oder die Tubastimmen in Stravinskys «Sacre du printemps» (s. folgendes Video). Wenn diese Musik auf der grossen Tuba gespielt wird, wie sie heute auch in Frankreich üblich geworden ist, klingt sie völlig anders.

Tuba français in C von J. Gras, Paris um 1920. Nebst den drei Ventilen der rechten Hand (Ganzton, Halbton, grosse Terz !) hat das Instrument (linke Hand, von oben:) ein Quartventil, ein weiteres Halbtonventil und ein Quintventil.
Tuba français in C von J. Gras, Paris um 1920. Nebst den drei Ventilen der rechten Hand (Ganzton, Halbton, grosse Terz !) hat das Instrument (linke Hand, von oben:) ein Quartventil, ein weiteres Halbtonventil und ein Quintventil.

Video: Tuba français

Konservierung

Historische Musikinstrumente sind zahlreich in Museen und privaten Sammlungen erhalten. Einige werden weiterhin gespielt. Dies ist für Geigen und Klaviere sinnvoll, bei Blasinstrumenten jedoch problematisch wegen der Atemfeuchtigkeit. Blasinstrumente aus Metall korrodieren von innen, bei solchen aus Holz entstehen leicht Risse.

Benutzen oder bewahren?

Daher stehen wir vor dem Dilemma: Sollten wir historische Instrumente bewahren in dem wir sie «still-legen», d.h. keinen Ton mehr darauf spielen? Oder sollten wir sie weiterhin spielen – bis auch sie kaputt sind, wie die meisten Instrumente ihrer Zeit? Das Dilemma ist nicht lösbar, entweder zerstören wir die musikalische oder die physische Seite des Musik-Instruments.

Korrosion in Blechblasinstrumenten

Ein Forschungsprojekt der HKB in Zusammenarbeit mit der ETH, dem Nationalmuseum und dem Paul Scherrer Institut erforschte die Korrosionsphänomene in Blechblasinstrumenten. Die Ausgangshypothese war, dass die Korrosion gehemmt würde, wenn wir das Innere nach jeder Benutzung trocknen. Dies ist ja immerhin ein Rohrsystem von bis zu zehn Metern Länge. Ohne Trocknen würde dies über Wochen feucht bleiben, auch wenn das Instrument nur einmal gespielt wurde! Die Korrosionsprozesse sind so über lange Zeit aktiviert.
Röntgenbildern des Paul-Scherrer-Instituts können dies eindrücklich illustrieren, siehe Video unten.

Um dies zu erforschen, wurden 16 Instrumente über 14 Monate untersucht. Nach dem täglichen Spielen wurden die einen mittels Ventilator im Inneren getrocknet, die andern nicht. Die Resultate zeigen, dass solches Trocknen die Instrumente schont: Die Korrosionsprozesse sind bei Benutzung des Ventilators nicht aktiviert, bei Nicht-Benutzung hingegen schon.

Tiefe Blechblasinstrumente für die historische Aufführungspraxis

... stehen im Klingenden Museum Bern zur Verfügung. Einige können vor Ort angespielt, andere können sogar ausgeliehen werden. Anfragen an mail@fresh-wind.ch.

Beispiele:

  • Saxhörner Sopran in Es bis Contrebasse in B siehe Webseite des HKB-Forschungsprojekts zum Saxhorn
  • Ophikleide in C mit 9 Klappen von Konrad Burri, Zimmerwald 2010, Nachbau nach Couturier, Lyon (aktuell in der Ausstellung Fresh Wind zu sehen und zu spielen)
  • Tuba in F (Tornistertuba) von August Heinrich Rott, Prag um 1890, mit 3 Wienerventilen
  • Tuba français in C von J. Gras, Paris um 1920, 6 Ventile
    Geeignet für französische Musik von Ravel, Stravinsky, u.a. (zur Zeit in der Ausstellung Fresh Wind zu sehen)
  • Tuba in C von Hirsbrunner, Sumiswald 1976, 4 Drehventile, 4/4-Mensur, Protoyp
Instrumente der französischen Kavallerie um 1860. Sie können für Projekte der historischen Aufführungspraxis ausgeliehen werden.
Instrumente der französischen Kavallerie um 1860. Sie können für Projekte der historischen Aufführungspraxis ausgeliehen werden.